Der Kaiser

Über den Kaiser ist doch schon alles gesagt worden. Deswegen soll er nur noch einmal selber zu Wort kommen. Zu Weihnachten 1916 sendet Seine Majestät der Kaiser einen Weihnachtsgruß an das Deutsche Volk und lässt diesen millionenfach auf Postkarten drucken.

Geschrieben den 3. Dezember 1916.
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.
Gott segne das 3te Kriegsweihnachten Allen, draußen im Felde wie daheim im lieben Vaterland.
Wilhelm

 

Während Wilhelm im Dezember 1916 seinen Untertanen eine frohe Weihnacht wünscht, ist schon längst das Wirklichkeit geworden, was man später den Steckrübenwinter nennen wird. Getreideprodukte und Fleisch- und Wurstwaren sind inzwischen rationiert, da muss die Kartoffel als Hauptnahrungsmittel her. Aber ein verregneter Herbst verursachte eine Kartoffelfäule, die die Ernte drastisch reduzierte. Jetzt wurde die Steckrübe das  wichtigste Nahrungsmittel. Man ernährte sich von Steckrübensuppe, Steckrübenauflauf, Steckrübenkoteletts, Steckrübenpudding, Steckrübenmarmelade und Steckrübenbrot.

In England ist man bestens über die Lage in Deutschland informiert und weiß, dass Wilhelm seinem Volke etwas vorgaukelt. Im Punch häufen sich die Karikaturen mit dem Kaiser, die ihn nicht als Friedensbringer, sondern als Säbel schwingenden Feldherrn zeigen, der den Frieden verjagt.

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„Every mark helps!“ Mit diesem Pappschild steht Wilhelm auf der Straße und bettelt um eine milde Gabe. Die Karikatur des Punch ist dieses Mal ganz nah an der Wirklichkeit. Es gab jede Menge Geldsammelaktionen (Gold gab ich für Eisen) und auch der Gesamterlös dieser Weihnachtspostkarte ging direkt an den Kaiser, der darüber verfügen wollte.

Die Postkarte mit dem Weihnachtsgruß des Kaisers wurde übrigens am 23.12.1916 an das Fräulein Eva Fückel verschickt, die sich im Hotel Sommerberg in Zürich aufhielt. Tante Nina schreibt an ihre Nichte Eva:

Meine liebe Eva!
Da ich annehme der Wunsch auf der Karte möchte Dir Freude machen, so sende ich Dir sie mit den herzlichsten guten Wünschen für Dich & alle Deine Lieben. Auch der Schluß & Beginn des neuen Jahres möchte für Euch alle frohe Tage bringen. Der Friedenswunsch würde ja auch zu Deinem Glück beitragen.
Herzliche Grüße Tante Nina
 
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Die Karikaturen aus dem Punsch sind dem Buch von Friedrich Wendel entnommen „Wilhelm II. in der Karikatur“,  Dresden, 1928.
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