Ernst Barlach

In seinen Erinnerungen und Betrachtungen hat Fritz Schumacher kurz vor seinem Tod geschildert, welche Schwierigkeiten es bei der Entstehung des Denkmals am Hamburger Rathaus gab. Der folgende Text ist dem Buch entnommen:

Fritz Schumacher, Selbstgespräche, Erinnerungen und Betrachtungen, im Axel Springer Verlag Hamburg, 1949, S.202ff.

Hamburg war bis vor zwei Jahrzehnten wohl die an öffentlicher Plastik ärmste Stadt Deutschlands. Was es durch alle die Jahrhunderte an künstlerischen Malen aufgestellt hätte, ließ sich beinahe an den Fingern einer Hand aufzählen. Man mußte es deshalb als eine der ungeschriebenen Aufgaben eines Leiters der Stadt betrachten, diesen Zustand zu überwinden. Trotz der schweren Zeiten gelang es, in etwa zwölf Jahren Arbeiten von allen ernsthaften Hamburger Bildhauern im Stadtbilde zu zeigen und darüber hinaus Werke von außerhamburgischen Meistern wie Hildebrand, Hahn, Kolbe, Wrba, Lederer, dem jungen Begas und Gaul zur öffentlichen Aufstellung zu bringen.
Aber Ernst Barlach fehlte.
Auf ihn hoffte ich, als der Wettbewerb für das Ehrenmal des Weltkrieges ausgeschrieben wurde.
Um den Weg für diesen Wettbewerb freizumachen, hatte zuvor eine der schwersten Aufgaben gelöst werden müssen, die man in Hamburg anpacken konnte: die Befreiung des Rathausplatzes von dem störenden städtebaulichen Mißgriff, den die Art der Aufstellung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf diesem Platze bedeutete.
In langem Ringen war nach dem Großen Brande von 1842 durch ein merkwürdiges Zusammenwirken von zwei bedeutenden Architekten, Semper und Chateauneuf, ein Platzgebilde als neues Herz Hamburgs entstanden, dessen fruchtbares Wesen auf der Art beruht, wie sich der ost-westlich gelagerte Raum des Rathausplatzes hakenförmig in nord-südlicher Richtung über die „Kleine Alster“ hinweg erweitert und gleichsam ausströmt in den von keinen Gebäuden abgeschlossenen, freien Himmelsblick, der sich über der Wasserfläche der Binnenalster breitet. Dieser eigentümliche räumliche Zusammenhang, der nur im Markusplatz Venedigs ein Analogon findet, war durch das Kaiserdenkmal zerstört. Nicht nur, weil seine gewaltigen Massen den Raum des Rathausplatzes auffraßen, sondern weit mehr noch, weil es als Degenspieler des Rathauses eine beherrschende Nord-Süd-Achse den Platz hineinbrachte und ihn dadurch losriß aus jenem einheitlichen Zusammenhang der Räume, der das eigentliche Wesen dieses Herzstücks der heutigen Stadt ausmacht.
Eine seltsame Fügung des Schicksals hat es gewollt, daß Ernst Barlachs erster großer Erfolg mit diesem Kaiser-Wilhelm-Denkmal verknüpft ist. Mit Garbers zusammen erhielt seine Arbeit bei einem Denkmalswettbewerb den ersten Preis.
Menschlich war es für den jungen Bildner ein harter Schlag, daß man über dieses Ergebnis glatt hinwegging und den Auftrag seinem den „bewährten“ Meister Schilling erteilte. – Künstlerisch kann man zufrieden damit sein, daß Barlachs Name nicht mit feinem auffallenden Werk verbunden ist, das mit Gruppen von „Idealfiguren“ arbeitete, die uns heute eher an Begas als an Barlach erinnern.
Immerhin erschien es mir wie eine Art später Genugtuung für diese frühe Enttäuschung, wenn nach der glücklich erkämpften Versetzung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals der nunmehr wieder an ursprünglicher Schönheit zurückgewonnene Raum doch noch durch ein Barlach-Werk eine stille Beseelung erhielte.
Der Wettbewerb schien diesem Ziel nicht näherzuführen. Im Zusammenhang mit der schön gerundeten Wassertreppe der „Kleinen Alster“ sollte am Gelenkpunkt des hakenförmigen Platzes ein „schlichtes Mal“ entstehen. Barlach schlug vor, hierher die Riesengestalt eines in die Knie gesunkenen Mannes zu setzen, der im Begriff sich aufzurichten, die Ketten abstreift, die seine Hände auf dem Rücken fesseln: „Der Erschütterte“.
Das Preisgericht sprach sich grundsätzlich gegen jede Kolossalplastik an dieser Stelle aus, es scheute auch die Möglichkeit, daß die Befreiung aus dem dargestellten Zustand der Fesselung nicht voll verständlich werden würde, kurz, es ging über den Vorschlag hinweg und entschied sich für eine schlanke, einundzwanzig Meter hohe stelenartige Tafel, die wie das steinerne Blatt einer Chronik verkündete: „Vierzigtausend Söhne der Stadt ließen ihr Leben für Euch“. Klaus Hoffmann hatte diesen Gedanken edel gestaltet.
Dieses steinerne Chronikblatt wirkte aber auf dem gewählten Standort nicht nur zum Rathausplatz hinüber, sondern vielleicht ebenso stark nach der Seite der Alsterarkaden. Diese Seite konnte nicht leer ins Leben blicken, hier mußte die Chronik durch Künstlerhand ihre Fortsetzung finden. Das Ziel, das dadurch auftauchte, war mir klar, es hieß: Ernst Barlach trotz allem.
Ich will hier nicht schildern, welche Kämpfe zu bestehen waren, bis es gelang, den Auftrag zu einer Besprechung mit Barlach zu erlangen. Kein Wunder, daß ich nach dieser langen Vorgeschichte voll Spannung in der Bahn saß; wer konnte wissen, ob die Fortsetzung in Güstrow glücken würde?
Ernst Barlach war für das Bewußtsein des großstädtischen Kunstpublikums eine Art mythischer Person geworden. Ganz zurückgezogen und dem modischen Getriebe entronnen, entsandte er aus dem kleinen mecklenburgischen Städtchen bald eine von geheimnisvollem Leben erfüllte Plastik, bald ein seltsam tiefsinniges Drama, bald ein graphisches Werk von grotesker Kühnheit.
Es war leicht zu erkennen, daß der „Erschütterte“ den Künstler tief bewegt hatte, und so war es natürlich, daß ich mit einigem Zagen daranging, diesem Einsiedler mit einem Vorschlag zu kommen, der nicht aus seinem eigenen Innern geboren war.
Der schmächtige, verwitterte Mann, der mich am Bahnhof empfing, war denn auch sichtlich erregt. Als ich auf dem Weg zum Atelier zu entwickeln begann, wie wir die Lösung auffaßten, die jetzt zur Ausführung kommen sollte, und weshalb es nicht die seine sein konnte, sah ich, wie seine Hände zitterten. Als ich dann im Atelier auf Sinn und Wesen des Anteils zu sprechen kam, den ich ihm bei der neuen Lösung zugedacht hatte, stand er plötzlich auf, legte seine Hand auf meinen Arm und sagte: „Sie brauchen nichts weiter zu sagen, – es ist wundervoll.“ Dann aber überfiel ihn, nachdem er sich sinnend eine Zeitlang die ganze Lage vergegenwärtigt hatte, eine Unruhe, ob es ihm auch gelingen würde, der großen Forderung gerecht zu werden. Schließlich brach er ab: „Darüber darf man nicht nachdenken. Das kommt oder kommt nicht, ohne daß man weiß warum. Kommen Sie, nun sollen Sie sehen, was mich gegenwärtig beschäftigt. Vielleicht führt es uns ganz von selbst ab und an auf Hamburg zurück.“
Und nun zeigte er mir sein Reich. Das Äußere dieses Reiches war von erstaunlicher Primitivität. Ich hatte gedacht, daß ein Künstler, der in Güstrow lebt, sich wenigstens die Reize der kleinen Stadt zu eigen machte. Barlach aber hauste damals in einem Schuppen, der auf einem unordentlichen Werkplatz stand; die ganze Umgebung trug den trostlosen Charakter, den die Zwischenzone zwischen altem Stadtkern und Bahnhof in deutschen Kleinstädten zu haben pflegt. In diesem unwirtlichen Gehäuse nahmen sich die Kunstwerke höchst seltsam aus.
Unter ihnen traten vor allem die mancherlei Entwürfe hervor, die er auf Anregung Carl Georg Heises für die leeren Nischen der Stirnseite der Lübecker Katharinenkirche machte. Es war sehr erleuchtend zu sehen, wie Barlachs Art sich ganz von selber und ohne jede von außen kommende Anpassung in das mittelalterliche Gefüge einer herben Backsteinarchitektur eingliedert. Wäre dies Werk vollendet worden, so würde es eine der merkwürdigsten und großartigsten Verbindungen zweier durch Jahrhunderte getrennten Kunstwelten sein.
Das Schönste aber war in einem besonderen Kabinett verborgen, es waren die ersten plastischen Entwürfe zu jenem Zyklus der „Lauschenden“, mit dem er den Musiksaal der Tilla Durieux schmücken sollte. Alle nur erdenklichen Arten, wie der ergriffene Mensch das Geheimnis der Töne in sich klingen läßt, sind hier sichtbar gemacht. Zwei Sinneswelten scheinen sich leise zu berühren.
Als Ergänzung zu diesen Eindrücken bat ich Barlach, gleich in den Dom gehen zu dürfen, um dort sein Kriegsgedenkmal zu gehen. Ich hatte eine hohe Meinung von diesem Werk mitgebracht, aber nur wer diese Gestalt im Halbdunkel des Seitenschiffes der Domkirche wirklich schweben sah, weiß etwas von der geheimnisvollen Macht, die von ihr ausgeht. – „Für mich hat während des Kriegs die Zeit stillgestanden. Sie war in nichts anderes Irdisches einfügbar. Sie schwebte. Von diesem Gefühl wollte ich in dieser im Leeren schwebenden Schicksalsgestalt etwas wiedergeben.“ Das etwa sagte Barlach in der seltsam abgehackten Weise, in der er sprach, immer den halb vollendeten Satz abbrechend und dann unter Wiederholung der letzten Worte den Ausspruch zu Ende führend. Sich leise hin und her wiegend, konnte er in dieser stockenden Art sehr ungewöhnliche Dinge sagen, ohne daß es pathetisch oder literarisch klang. Die Welt, n der er lebte, war nun einmal ganz anders als die gewöhnliche Welt, das offenbaren seine Dramen vielleicht noch unmittelbarer als seine Plastiken. Und er gehörte nicht etwa zu den Künstlern, die neben dieser Welt noch eine zweite für den Alltagsbedarf haben, die dann der Außenstehende meist allein zu sehen bekommt. Er gab sich immer unbewußt als der gleiche, und wenn er von weitem gesehen vielleicht manchem den Eindruck eines kleinen versonnenen Handarbeiters machte, kann derjenige, der in seine Augen gesehen hat, nicht mehr daran zweifeln, daß ihm etwas Ungewöhnliches begegnet war; man fühlte die eigentümliche Verklärung eines unerkannt durch die Welt schreitenden Propheten. Manchmal aber glaubte man auch, mit einer jener phantastischen Gestalten zusammen zu sein, die alte Sagen zwischen Mensch und Natur eingeschaltet haben: einem Waldschratt oder einem Herrscher der Wichtelmänner, der Dinge sieht, die uns anderen Menschen verborgen bleiben. Man kann Barlachs Werke erst richtig verstehen, wenn man diese geheimnisvollen Mischungen erlebt hat. Sie spielen überall in die Welt seiner Schöpfungen doppeldeutig hinein.
Nach dem Essen im Hotel fragte Barlach, ob er mir nun sein „Wohnzimmer“ zeigen solle. Das war aber kein gebauter Raum, sondern das Stück weiter Landschaft um Güstrow herum, dem er sich besonders verbunden fühlte: die alten Bauernsiedlungen, die zwischen den leicht gewellten Feldern und Wäldern liegen, die uralte Steinkirche des Gutes Bellin mit ihren frühromanischen Wandbildern, der weite See mit seinen Schilfinseln. Als wir aber wieder auf dem Bahnhof standen, zeigte sich das seltsame Widerspiel zu dieser Naturverbundenheit: Barlach deutete auf ein Fenster des unwirtlichen Wartesaales und sagte: „An diesem Fenster habe ich viele Jahre lang täglich zu Mittag gegessen.“ Als ich ihn voll unverhohlenem Erstaunen ansah, fügte er hinzu: „Sonst hätte ich es hier in Güstrow nicht ausgehalten. Aber wenn ich da jeden Mittag den Schnellzug Berlin-Paris halten sah und mir sagte: ‚Du brauchst nur einzusteigen, dann bist du morgen in Paris‘ -, dann fühlte ich mich wieder frei und nicht wie ein Gefangener.“
Dies naive Mittel ließ in seelische Perspektiven blicken, die einen wohl zu rühren vermögen. Und in der Tat erzählte er weiter, wie er beinahe der lockenden Aussicht auf ein Berliner Meisteratelier erlegen und nur durch einen Zufall im alten Gleise geblieben wäre. Ich sagte: „Das hat uns wahrscheinlich sieben Dramen eingebracht.“ Er bestätigte, daß er die Stücke in Berlin eher nicht geschrieben hätte, die entständen nur beim Wandern seinem „Wohnzimmer“.
Das war mein erster denkwürdiger Besuch in Güstrow. Kurze Zeit danach kam Barlach eines Abends zu mir in meine Wohnung mit einem ganzen Packen von Zeichnungen, in denen er versucht hatte, das Thema zu fassen, das wir verabredet hatten: mutiges Zusammenraffen aus tiefem Leid.
Eine wirkliche Lösung war noch nicht dabei, aber Anläufe zu öffnungsvollen Gestaltungen, die wir besprachen. Und bald darauf erhielt ich als Ergebnis dieser Beredung zwei Blätter: das eine zeigte eine streng achsial komponierte Frauengestalt, die aus Erstarrung erwachend mit beiden Händen das Tuch zurückschlägt, das bisher ihr Haupt verhüllte, darunter in drei schmalen Reliefstreifen tote Krieger; das andere zeigte die Gestalt der ins Weite schauenden leidgezeichneten Mutter, die mit zarter Gebärde ihr Kind tröstet, während ihr Blick mit gefaßter Zuversicht n der Zukunft weilt. Zaghaft schrieb er dazu, daß er nicht wisse, ob diese zweite Lösung, die ihm eigentlich allein am Herzen liege, in Betracht kommen könne. Aber ich antwortete sofort, ich würde pur diese letzte Komposition bei meinen weiteren Schritten zugrunde legen.
In Barlachs Skizze war aus der Wand des Denkmals eine leicht vertiefte rechteckige Fläche herausgearbeitet, auf der das Relief sich erhob. Das Ganze sah dadurch wie eine in den Stein eingesetzte Plakette aus. Das wollte mir nicht gefallen, da diese siebeneinhalb Meter hohe Plakette in der zwanzig Meter hohen Fläche nur einen willkürlich erscheinenden Platz erhalten konnte. Das war anders, wenn man die Darstellung nicht mit rahmenden Linien einfaßte. Ich überredete ihn, das Bildwerk unmittelbar in der Art einer gewaltigen graphischen Darstellung in die Fläche zu graben und nur aus der markanten Linie heraus die für das Relief nötigen verschiedenen Tiefen zu gewinnen. Er ging darauf ein, und mit unermüdlichem Eifer arbeitete er Entwurf auf Entwurf heraus, bis die Dynamik des Umrisses in zartester Weise wechselte und das schwierige stilistische Problem dieses vertieft feingebetteten Reliefs zur letzten Lösung gebracht war.
Barlach hatte sich inzwischen für diese Arbeit ein neues Atelier gebaut. Als ich meinen zweiten Besuch in Güstrow machte, sah seine Umgebung ganz anders aus. Zwischen den schönen Bäumen des Heidbergs dicht am See war dieser Atelierbau entstanden, und es gehörte auch ein kleines Wohnhaus dazu, das mit ihm verbunden war. Aber es war bezeichnend für Barlach, daß er sich nicht entschließen konnte, in diese „Villa“ einzuziehen. Er überließ sie seinem treuen Helfer Bernhard Böhmer und seinem eben erwachsenen Sohn Klaus. Er selber blieb in den beiden Dachräumen, die er in dem benachbarten kleinen Hause zur Miete bewohnte. Ich konnte das wohl begreifen, denn diese beiden offen ineinandergehenden Räume, in denen ich mehrmals einige Stunden der Ruhe verbrachte, bildeten eine so eigentümliche Lebens-Umwelt, daß ihr Reiz in einem Neubau schwerlich wieder erreicht werden konnte. Im Wohnraum waren die Wände mit verschiedenen groben Stoffen behangen, von denen man aber wenig sah, weil sie bedeckt waren mit Zeichnungen, Ölskizzen und Plastiken, teils von Barlach selber, teils von Freunden. In einer Ecke hing eine Sammlung von Totenmasken, in einer anderen stand ein Skelett; alle Möbel waren schwer und massiv: Der Schlafraum wirkte freier trotz eines riesigen alten Himmelbettes, an dessen Fußende eine kunstvolle Wiege stand. Das Ganze mutete an wie die Umwelt eines mittelalterlichen Magiers, und doch war es eigentümlich behaglich.
Im Atelier sah man den Lübecker „Bettler“ und einen großen, in Holz geschnitzten „Lesenden“, aber es wurde ganz beherrscht vom Hamburger Relief, das man nun bei den weiteren Besuchen langsam entstehen sah. Es war bezeichnend für Barlachs Schaffensweise, daß er es zunächst in einem größeren Zwischenmaßstab in Holz schnitt, dann erst waren ihm alle Absichten so vertraut, daß er das Werk in halber Größe in Gips aufbaute. Er schnitt die Formen aus dem harten Gips heraus. Trotz der nur halben Größe wirkte das Bildwerk im geschlossenen Raum fast größer als später am Denkmal, wo man schwerlich auf siebeneinhalb Meter raten würde.
Als Klaus Hoffmann und ich schließlich das endgültige Modell abgenommen hatten, machten wir drei uns wieder einen guten Tag, fuhren im Lande herum und freuten uns, wie wundervoll die Zeugen alter Kultur in diese Landschaft eingefügt sind, durch deren erhabenen Frieden gespenstisch der klagende Ruf der Rohrdommel tönt.
Als am Jahrestag des Kriegsbeginns früh morgens die Hüllen fielen, hinter denen man gemeißelt hatte, blieb Hamburg stumm, während eine ganze Schar hervorragender Männer außerhalb Hamburgs den Eindruck, den das Werk auf sie machte, mit warmen Worten schilderte.
Ich hatte diese Äußerungen gemeinsam mit Dr. Hildebrand Gurlitt durch Übersendung der Photographien des großen Modells zusammengebracht und mit Hilfe des eifrigen Förderers der Barlachschen Sache, Staatsrats Zinn, in einem kleinen Heft sammeln können. Wir glaubten, dadurch ein Gegengewicht gegen e gehässigen Stimmen schaffen zu können, die sich bereits an vielen Stellen Hamburgs, noch ehe irgendetwas von dem Werk zu sehen war, zu regen begannen. Aber die Presse, der das Heft versandt wurde, nahm nur von abfälligen Urteilen Notiz, bestenfalls hüllte sie sich in Schweigen.
Die stille Morgenfeier der Enthüllung bestand darin, daß der Regierende Bürgermeister auf dem noch menschenleeren Platz einen Lorbeerkranz am Denkmal niederlegte. Ich streifte ungesehen in den Alsterarkaden herum. Barlach war nicht erschienen. Drei Tage später kam er vom ersten Eindruck seines Werkes zu mir an die Elbe, wo ich einige Tage der Erholung zubrachte, und wir feierten die Vollendung durch einen weiten Spaziergang. dabei wurden die alten Erinnerungen bei ihm wach, und der sonst so stille Mann erzählte mir die ganzen wunderlichen Etappen eines Lebensweges, dessen Ursprung ja von eben diesem Stück deutscher Erde und ihren Menschen ausging. Trotz aller fast ehrenden Bescheidenheit seines Auftretens lebte er im Gefühl einer höheren Sendung, und ich glaube, daß niemand wirklich großes schaffen kann, der das nicht tut.